Saturday, January 1, 2011

Anläßlich des Neujahrs

hat der Bischof von St. Pölten, Klaus Küng in einer Ansprache unter anderem folgendes gesagt:

"Carpe diem“, sagt der alte griechische Philosoph. „Nütze den Tag“ im Sinne von „Lass es Dir gut gehen!“

Ein bedauerlicher Fehler, zugrundeliegend in der mangelnden humanistischen Bildung des Kirchenführers! Schon die Sprache des Zitates hätte dem Bischof ein Zeichen sein müssen.
In Wirklichkeit handelt es sich um ein Fragment eines Verses aus einer Ode von Horaz (Quintus Horatius Flaccus).

Komplett wiedergegeben:

Tu ne quaesieris (scire nefas) quem mihi, quem tibi


finem di dederint, Leuconoe, nec Babylonios

temptaris numeros. Ut melius quicquid erit pati!

Seu pluris hiemes seu tribuit Iuppiter ultimam,



quae nunc oppositis debilitat pumicibus mare

Tyrrhenum, sapias, vina liques et spatio brevi

spem longam reseces. Dum loquimur, fugerit invida

aetas: carpe diem, quam minimum credula postero.
 
Übersetzt heißt das:
 
Frag nicht (denn Wissen ist ein Frevel), welches Ende die Götter mir,
welches sie dir, Leukonoe, zugedacht haben, und versuche dich nicht an babylonischer Astrologie!
Wie viel besser doch, was immer sein mag, zu ertragen!
Ob Jupiter noch viele Winter uns zugeteilt hat oder den letzten, der jetzt an entgegenstehenden Klippen das Tyrrhenische Meer bricht – lebe mit Verstand, kläre den Wein und beschränke ferne Hoffnung auf kurze Dauer!
Noch während wir reden, ist die missgünstige Zeit schon entflohen:
Genieße den Tag, möglichst wenig leichtgläubig gegenüber dem folgenden!
 
Der Dichter hat gut reden. In unseren Tagen, da wir vielen Politikern und leider auch ebensowenig weitblickenden Klerikern bei ihren Sonntagsreden zuhören müssen, vertraut kaum einer auf sein eigenes Urteil!
Dabei haben wir nicht viel Zeit!
 
Ich möchte das Zitat noch erweitern: Nütze den Tag, vergiss die Nacht nicht und vertraue niemanden der Dir im eigenen Interesse einreden will wie Du Deine Dir zugemessene Zeit verbringst!

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